Die Debatte um eine effizientere Förderung der privaten Altersvorsorge geht weiter. Bundesfinanzminister Christian Lindner hat eine Reform in Aussicht gestellt, die auch sogenannte Depots zur Altersvorsorge unterstützt. Prof. Dr. Stefan May, Leiter der Anlagestrategie bei der Quirin Privatbank und bei quirion, ordnet ein, worum es geht.
In der Diskussion um die Förderung privater Altersvorsorge, fällt inzwischen häufiger das Stichwort „Altersvorsorgedepots“. Was ist das überhaupt?
Im Prinzip geht es darum, die Renditechancen der Kapitalmärkte besser für die Altersvorsorge zu nutzen. Es gibt international verschiedene Modelle. Die Grundidee: Man richtet ein Wertpapierdepot ein, und kann dort staatlich gefördert für das Alter vorsorgen. Zum Beispiel mit einem ETF-Sparplan. Abseits der Grundidee wird es aber sehr auf die Details ankommen, wenn solch ein Modell hierzulande realisiert würde. Also zum Beispiel auf die Höhe der Förderung und die Bedingungen, die daran geknüpft sind.
Im Mai haben das Deutsche Aktieninstitut und die dwp bank eine gemeinsame Studie zu Altersvorsorgedepots vorgelegt. Eine Handlungsempfehlung darin: Aktienanlage erleichtern, auf Garantien verzichten. Was halten Sie davon?
Für diejenigen, die langfristig Vermögen aufbauen wollen, sind Aktien als Anlageklasse unverzichtbar. Gerade in jungen Jahren. Garantien sind teuer und gehen immer zulasten der Rendite – schlecht für die Altersvorsorge. Aktienanlage erleichtern, auf Garantien verzichten: So auf die Kurzform gebracht, kann ich nur zustimmen. Auch wenn ich nicht jede einzelne Handlungsempfehlung der Studie unterschreibe.
Was finden Sie daran gut und was weniger?
Gut finde ich zum Beispiel die Forderung, dass Altersvorsorgedepots einfach und verständlich sein sollen. Sie sollen schließlich von möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern genutzt werden. Eine Mindestaktienquote, wie dort vorgeschlagen, halte ich aber zum Beispiel nicht für notwendig. Dass Aktien für den Vermögensaufbau sehr nützlich sein können, kann man den Menschen auch ohne gesetzliche Vorgaben vermitteln.
Sollte man denn ganz frei bestimmen können, wie man investiert?
Ein paar Regeln muss es schon geben. Es gibt ja ein bestimmtes Ziel, nämlich die Altersvorsorge. Das soll idealerweise möglichst effizient erreicht werden. Ich fände zum Beispiel besonders wichtig, dass es eine Obergrenze für die maximal zulässigen Produktkosten gibt. Höchstens 1 Prozent jährlich. Besser noch weniger. Dieser Aspekt fehlt mir in der aktuellen Debatte.
Kann das nicht der Wettbewerb „regeln“?
Denken Sie nur an „Riester“. Erfahrungen mit der Förderung von Finanzprodukten für die Altersvorsorge haben gezeigt, dass der Wettbewerb an dieser Stelle nur sehr eingeschränkt funktioniert. Er hat jedenfalls nicht flächendeckend zu zielführenden und dabei kostengünstigen Anlagealternativen geführt. Wir haben schon Ende 2022 gemeinsam mit unserem Wettbewerber Scalable einen Vorschlag für Altersvorsorgedepots erarbeitet. Den haben wir auch dem Bundesfinanzministerium zukommen lassen.
Wie lautet Ihr Vorschlag?
Wir haben uns an den britischen „Individual Savings Accounts“ orientiert. Grob skizziert: Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer kann ein Spardepot für die Altersvorsorge eröffnen. Auf dieses Depot könnte man jährlich bis zu einem bestimmten Stichtag maximal 20.000 Euro einzahlen. Sämtliche Kapitalerträge aus diesem Depot würden von der Kapitalertragsteuer befreit, unter der Voraussetzung, dass das Kapital dann auch für die Altersvorsorge genutzt wird. Erfahrungen aus Großbritannien zeigen, dass die Steuerbefreiung und die Bindung an einen Stichtag vor allem für untere Einkommensgruppen einen starken Sparanreiz bewirkt.
Was ist aus ihrem Vorschlag geworden?
Offen gestanden weiß ich es nicht. Wir haben ihn für diskussionswürdig gehalten, wie die aktuelle Debatte ja durchaus zeigt. Aber wir haben nie etwas gehört. So oder so würde mich in jedem Fall sehr freuen, wenn ein einfaches und zielführendes Modell geförderter Altersvorsorgedepots realisiert würde. Insbesondere im Hinblick auf die Kostendeckelung bin ich aber skeptisch. Viele Produktanbieter würden dagegen wohl Sturm laufen.
Lohnt es sich, auf die neuen Altersvorsorgedepots zu warten?
Wer über die private Altersvorsorge nachdenkt, sollte auf keinen Fall warten. Aktien im Rahmen eines globalen ETF-Portfolios in die private Altersvorsorge einzubeziehen – das lohnt sich in jedem Fall. Je früher man anfängt, desto besser. Auch der Sparplan bei quirion ist dafür ideal: Über Sparpläne auf das globale ETF-Portfolio kann man bei quirion schon ab 25 Euro im Monat mit dem Vermögensaufbau anfangen.