Allerdings doziert er bereits darüber, mit welchen Mitteln Anleger derzeit eine Rendite von 50 Prozent abgreifen könnten. Der bebrillte Herr wiederum bemüht sich vor dem Flipchart sichtlich um einen seriösen Eindruck, während er erklärt, mit welchen Kniffen man es 2017 auf jeden Fall zum Millionär schafft.
Ideen-, Rat- und Lebenshilfegeber sind auf Videoplattformen wie Youtube beliebt und erreichen damit teils hunderttausende Aufrufe. Die Clips drehen sich in der Regel um Alltagsthemen wie Kochen, Schminken, Lernen oder Unterhaltungselektronik. Es mischen sich aber auch Privatanleger unter die Videoblogger, die ihre Empfehlungen und Erfahrungen an andere weitergeben. Sie nutzen aus, dass viele Menschen in Finanzfragen verunsichert sind, das Vertrauen in ihren Bankberater oder ihre bisherige Geldanlage verloren haben und nun auf der Suche nach Auswegen aus der Zins- oder Schuldenfalle sind.
Schwarze Schafe enttarnen
Die Sache hat aber einen Haken: Die Protagonisten, die sich vor der Kamera als Insider und Experten darstellen, sind in der Regel bestenfalls Autodidakten oder gar komplette Laien. Solange es um den perfekten Krustenbraten oder den passenden Lidschatten zum Nagellack geht, sind mögliche Risiken und Nebenwirkungen überschaubar, wenn aber von riskanten Hebelprodukten die Rede ist, sieht die Sache schon anders aus. Wer sich hier in seiner Anlageentscheidung beeinflussen lässt, riskiert Vermögensverluste.
Hinzukommt, dass die Videoblogger nicht ohne Eigennutz aktiv sind. Sie verdienen durch Werbung, die den Clips vorgeschaltet wird. Entsprechend gewagt sind oftmals die Prognosen und entsprechend „heiß“ die Anlagetipps. Oftmals ermuntert auch ein Text unter dem Video, ein kostenpflichtiges Seminar zu buchen oder ein Konto zu eröffnen. Und je mehr Aufmerksamkeit die Clips auf sich ziehen, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Blogger Geld oder Provisionen von Sponsoren erhalten. Von einer unabhängigen oder wissenschaftlich fundierten Vermögensberatung kann dann keine Rede mehr sein. Daher fordert die Süddeutsche Zeitung in einem Kommentar: „Die Verbraucherzentralen weisen seit Jahren auf dubiose Anbieter auf dem grauen Kapitalmarkt hin und leisten Aufklärungsarbeit. Diese wäre auch vonnöten, wenn es darum geht, schwarze Schafe unter den Youtubern und Bloggern zu enttarnen.“
Fazit: Es ist verständlich, dass unerfahrene Anleger mit den Angeboten überfordert sind und nach Auswegen suchen. Wer aber zu schnell zu viel will, steckt am Ende bestenfalls in einer Abo-Falle und hat im schlechtesten Fall durch ein falsches Investment bedeutend mehr Geld verzockt.