Mit seinen Zollankündigungen schreckt US-Präsident Donald Trump weltweit Regierungen und Märkte auf. Unser Chefvolkswirt Philipp Dobbert ordnet die Risiken ein. Außerdem erklärt er, welche Anlagestrategie bei solchen Unsicherheiten die beste ist.
Schon im Wahlkampf hat US-Präsident Donald Trump mit hohen Importzöllen gedroht. Ein zusätzlicher Zoll für Waren aus China ist bereits in Kraft. Angekündigt sind einige weitere. Schlechte Nachrichten für die Weltwirtschaft?
Aktuell ist noch vieles offen. Unklar ist etwa, welche Ankündigungen tatsächlich wirksam werden, wie lange sie gelten werden, wie betroffene Länder reagieren oder welche noch folgen. Trump versteht sich als „Dealmaker“. Er nutzt die Zolldrohungen als politisches Instrument. Dabei ist er nicht der Einzige, der Handelshemmnisse einsetzt. Die Europäische Union zum Beispiel ist bei diesem Thema keine Heilige. Eine Welle neuer Zölle und Gegenzölle ist jedoch durchaus ein größeres Risiko für die Weltwirtschaft. Wobei mir die Drohkulisse auch Hoffnung macht.
Dass dieses Risiko im Raum steht, macht Ihnen Hoffnung?
Ja, und zwar aus einem einfachen Grund: Politiker, die wieder gewählt werden wollen, haben im Allgemeinen kein Interesse an wirtschaftlicher Schwäche. Wirtschaftswachstum, mehr Wohlstand und ein möglichst freier Welthandel sind eng miteinander verbunden. Die Zusammenhänge sind kein Geheimnis. Ich gehe davon aus, dass sie allen Beteiligten bekannt sind. Darauf gründet meine Hoffnung.
Aber was passiert, wenn Zölle und Gegenzölle doch weiter um sich greifen?
Ob Wachstumsimpulse durch Export oder Preisvorteile durch Import: Solche volkswirtschaftlichen Wohlfahrtseffekte fallen in den betroffenen Produktsegmenten und Regionen dann geringer oder ganz aus. Eine Spirale von Zöllen und Gegenzöllen könnte deshalb das Wirtschaftswachstum bremsen und die Inflation anheizen.
Am US-Aktienmarkt ging es nach den ersten Zollankündigungen phasenweise erstmal deutlich nach unten. Würden viele US-Firmen nicht davon profitieren, wenn ihre internationalen Konkurrenten in den USA höhere Hürden überwinden müssten?
Pauschal lässt sich das nicht sagen. Zumindest gibt es da jetzt nicht sofort viele klare Gewinner. Importprodukte sind oft nicht leicht durch inländische zu ersetzen. Um das Prinzip zu erklären: Champagner gibt es nur aus Frankreich. Auch bei vielen Medikamenten kann man nicht so eben mal auf inländische Produktion umschalten.
Selbst wenn bei Stahl und Aluminium, für die ab 12. März neue US-Importzölle gelten sollen, eine Stärkung der Inlandsproduktion denkbar wäre: Aktuell importieren die USA etwa ein Viertel des Stahls und die Hälfte des Aluminiums. Ob und wie die US-Stahl- und Aluminiumbranche profitiert, müsste sich erst zeigen. Neue Werke und Kapazitäten aufzubauen, wäre jedenfalls ein längerfristiges Projekt.
Derweil müssten zum Beispiel Autoproduzenten in den USA in jedem Fall höhere Kosten für die Vorprodukte in Kauf nehmen. Die reichen sie wahrscheinlich an ihre Abnehmer weiter, was vermutlich den Absatz bremst. Oder die Hersteller nehmen eine geringere Marge hin. Beides keine positiven Impulse für das Geschäftsergebnis. Und jetzt habe ich noch gar nicht über Gegenzölle gesprochen, die den US-Export belasten würden.
Was bedeutet das für die Aktienmärkte?
Solange das Thema die Schlagzeilen beherrscht, kann es immer wieder einmal zu etwas stärkeren Schwankungen kommen. Die ökonomischen Wirkungsketten von Zöllen sind lang. Auf dem Weg liegen viele Unwägbarkeiten. Aktienmärkte reagieren sehr schnell. Sie nehmen Wirkungsketten vorweg und korrigieren die Kurse wieder, wenn sich Erwartungen ändern. Diese Schwankungen – zunächst nach unten, dann wieder nach oben – haben sich zum Beispiel sehr deutlich gezeigt, als Trump zunächst Zölle für Waren aus Kanada und Mexiko ankündigte, um sie etwas später für 30 Tage wieder auszusetzen.
Wenn Importzölle die Inflation in den USA wieder anfachen, drückt das auch die Kurse von Anleihen?
Nicht unbedingt. Mehr Inflation bedeutet zwar weniger Spielraum für Zinssenkungen. Aber die Erwartungen dafür waren schon vor den Zollankündigungen sehr gering. Dementsprechend haben sich die Anleihekurse im Zuge der ersten Ankündigungen nicht sonderlich stark bewegt. Ob Anleihen oder Aktien: Viel hängt eben davon ab, was schon in den Kursen steckt. Vor allem aber sind Zölle nur einer von zahlreichen möglichen Gründen, warum Kurse steigen oder fallen. Monokausale Erklärungen führen sehr oft in die Irre.
Dennoch gehören neue Hürden für den Welthandel zu wichtigen Rahmenbedingungen für die Kapitalmärkte. Hat die neue US-Zollpolitik Folgen für die Anlagestrategie?
Diversifikation ist und bleibt das beste Mittel gegen Unsicherheiten aller Art, auch in diesem Fall. Wann genau ist welche Branche in welchem Land von Zöllen betroffen? Wie hoch fallen sie aus und wie lange gelten sie? Wie reagieren einzelne Unternehmen und wie Verbraucherinnen und Verbraucher? Die Liste der offenen Fragen ließe sich lange fortsetzen. Antworten darauf bleiben spekulativ. Eine fundierte Anlagestrategie sollte solche Spekulationen vermeiden. Mit einem breit aufgestellten globalen Portfolio nehmen Anlegerinnen und Anleger Renditechancen mit, vermeiden aber unnötige Risiken.